Antwort zu: 28 Jahre Abhängigkeit nach OP

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Manuel
Gast

Hallo Eddy, Chris und alle anderen Nasen

Danke für Eure Begleitung, Unterstützung und grosse Motivation!

Es folgen nun weitere Erfahrungen und Gedanken, auch über heikle Themen!

Ich selber leide seit etwa 3 Jahren unter der Augenkrankheit „Fliegenden Mücken“ (Mouches volantes). Kennt das auch jemand von Euch? Ich frage mich, könnte es sein, dass der Nasenspray damit etwas zu tun hat?

Seit einem Jahr habe ich auch einen leichten Tinnitus. Hat das auch jemand von Euch? Könnte es sein, dass es hierbei auch einen Zusammenhang mit dem Nasenspraykonsum geben könnte?

Weiter hatte ich während mehreren Jahren unter einer schweren Schlafapnoe gelitten (Gemischte Schlafapnoe, also Obstruktiv und Zentral). Auch hier habe ich die offene Frage die ich Euch unbedingt stellen möchte: Wer kennt das und wendet Nasenspray schon länger an?

Und mir fällt auf, dass ich oft zwischen der Nase und den Augen dunkle/bläuliche Bereiche hatte und dann oft auch müde war. Kennt das auch jemand von Euch?

Fragen über Fragen … Wer weiss, vielleicht lässt sich schon bald über interessante Zusammenhänge spekulieren …

Eddy, gäbe es vielleicht in Zukunft einmal eine technische Möglichkeit, eine Umfrage einzurichten wo die Leute angeben könnten, welche Krankheiten sie haben um allfällige Nasenspray-Nebenwirkungen erkennen zu können? Das gäbe natürlich Aufwand und der sollte nicht unentgeldlich erfolgen, weshalb ich auch sowieso noch einmal erwähnen möchte, einen Paypal-Spenden-Button einzurichten… 😉

Es war bei mir die Angst, welche mich antrieb. Die Angst zu ersticken, unfrei zu sein, mich nicht konzentrieren zu können, mich eingeengt zu fühlen, dass das Leben an mir vorbei zieht und ich müde und teilnahmslos zuschauen muss. Ich wollte die Angst um jeden Preis loswerden. Das hat mich in die Sucht getrieben. Ich frage mich heute kritisch selber: War ich zu bequem? War ich zu leichtgläubig? War ich zu uninformiert? War ich zu gierig? Betrug ich mich selber? Ja, so wars! Es tut weh es zuzugeben, ich schäme mich so lange in diesem Zustand verweilt und mich selber geblendet zu haben. Zugleich erlebe ich das wunderschöne Gefühl, mich endlich auf dem Ausweg zu befinden – dank Eddy!

Und nun eine heikle Frage: Wurde ich auch absichtlich in die Irre geführt?

Es hat fast drei Jahrzehnte gedauert. Wenigstens jetzt fällt mir wie Schuppen von den Augen, wie das Prozedere in den Apotheken wirklich abläuft. In der Sucht-Anfangszeit holte ich jeweils nur einen einzigen Spray in der Apotheke. Schon damals standen die Nasensprays im vordersten Gestell direkt neben der Verkaufstheke, genau so wie die anderen „Medikamente“. Meistens standen dort nur ca. 10 Nasensprays und die Gestelle wirkten immer aufgeräumt, ja schon fast leer, als würden nur bescheidene Mengen von allen Produkten verkauft. Und hatte es einmal fast keine Sprays mehr, beobachtete ich, wie die/der Verkäufer schnell nach hinten sauste um schnell mit einer Handvoll neuer Sprays zurückzukehren. Nachschub gabs immer! Nie erlebte ich, dass die Apotheke mir mitteilen musste, dass sie keine Sprays mehr auf Lager haben. Hierbei stellt sich die Frage: Stehen nicht wie in jedem anderen Geschäft die Verkaufsschlager griffbereit nahe der Theke? Wird da etwas verheimlicht?

Anfänglich führte ich in den Apotheken noch längere Diskussionen mit den „Fachpersonen“ und versuchte meinen felsenfesten Glauben zu erklären, dass meine Nasenscheidewand-OP nichts brachte und ich deswegen die Sprays „brauche“ und ich keinesfalls „süchtig“ sei! Darauf bestand ich vehement. Auf die Idee, dass es der befreiende Spray ist, der mich in die Sucht brachte, auf die kam ich damals nicht, denn das wurde mir erst dank Eddys Forum klar. Auch die Apotheker halfen mir nicht mich aufzuklären. Sie versuchten mir stets ins Gewissen zu reden, dass man den Spray nicht länger als 7 Tage anwenden dürfe. Warum genau 7 Tage, das erklärten sie mir nicht. Sie brachten nicht ein einziges Mal zur Sprache, dass es der Spray selber ist der schon nach kürzester Zeit in einen Teufelskreis führt und man danach einen Entzug in Betracht ziehen muss, welcher alles andere als „einfach mal so nebenbei“ begonnen werden kann.

Als Süchtiger war ich bald bei allen Apotheken in der Region Stammgast. Die Verkäufer/Apotheker kannten mich schon aus der Ferne und stellten auch manchmal ohne Diskussion mein Suchtmittel auf den Tresen, dabei die Augen verdrehend, mich bemitleidend oder belächelnd. Ich schämte mich dass ich keine andere Lösung als die Sprays fand und hätte mich gerne sehr oft unsichtbar gemacht um diesen Blicken zu entgehen. Meine Freundin teilte die Last mit mir und ging grosszügigerweise für mich ab und zu einen Spray einkaufen, wofür ich mich schuldig fühlte, denn sie musste dann das Zirkusspiel in der Apotheke mitmachen und aushalten 🙁

Jeder Apothekeneigentümer weiss genau, von welchen Produkten seine Apotheke am meisten Umsatz macht. Und keinem Apotheker entgeht es, dass die Nasensprays zu den Zugpferden gehören, welche sein Einkommen sicherstellen. Jedem Apotheker fällt auf, dass er viele Stammkunden hat, welche diese Nasensprays immer und immer wieder kaufen. So müsste er sich doch als ethisch verantwortlicher Mensch eigentlich fragen und besorgt sein, warum diese Leute immer wieder konsumieren. Und er müsste schon seiner Berufsethik wegen eigentlich die Kunden genau fragen, warum sie denn den Spray so oft anwenden. Dann würde ihm aber auffallen: Diese Leute sind entweder psychologisch und/oder physisch „abhängig“. Nun kommt der Apotheker ins Dilemma: Ein Kunde wie ich bringt ihm in der Schweiz Fr. 1’200.- Umsatz pro Jahr. Hat er nur 100 solche Kunden, sind ihm Fr. 120’000.- Jahresumsatz sicher. Angenommen ein solcher Spray hat 50% Marge, macht er Fr. 60’000 Gewinn. Wohlverstanden, nur mit Nasenspraysüchtigen alleine! Soll er nun den Abhängigen helfen und dafür sein Einkommen schmälern? Würden es ihm die Abhängigen überhaupt danken? Würden sie es realisieren dass er ihnen geholfen hat? Nun, die Apotheker entscheiden sich offenbar anders: nämlich für ihren Geldbeutel. Sie erwähnen jedes Mal gebetsmühlenartig die maximal 7 Tage Anwendungsdauer, selbst wenn man als Stammgast längst über die vielen Konsumjahre bekannt ist. Damit entlasten sie ihr Gewissen und spielen Verantwortung vor, denn „sie haben es ja gesagt und nun trägt der Patient die Eigenverantwortung“. Auch tun sie so – und das finde ich schlimm – als wäre man der einzige Kunde, welcher einen so wahnsinnigen und abnormalen Bedarf hat. Dann verweisen sie auch ab und zu mal an den Arzt. DER solls richten! Habt ihr das auch so erlebt?

Der HNO-Arzt wiederum darf nicht viele Gesprächsminuten für ein „psychologisches“ Gespräch über Entzugsvarianten fakturieren, da die Krankenkasse ihm genau auf die Finger schaut und ihn bei übermässigem Gesprächsminutenaufschreiben heftig ermahnt, was bis zur Lizenzentzugsdrohung führt. Das passiert in der Schweiz schnell. Und stellt Euch mal selber vor, ihr seid HNO-Arzt und habt keine Lizenz mehr? Was wollt ihr dann tun, von was wollt ihr leben, mit was könnt ihr euren tollen Lebensstandard halten?

Und was macht die Pharmaindustrie? Diese hämmert uns seit Jahrzehnten unaufhörlich ins Gehirn: „Fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker“. Die Pharmaindustrie teilt uns also unmissverständlich mit, wer zuständig und verantwortlich sein soll: Sie nicht. Sie weisen aber „wohlwollend“ und „selbstverantwortungsbewusst“ darauf hin, dass man sich vertrauensvoll an den Facharzt oder an die Fachperson wenden muss. Sie wollen auch das Thema der jährlich fast 600’000 Tierversuche in der Schweiz nicht thematisieren. Weisen lieber mit rhetorischen Floskeln darauf hin, dass die Tierversuche ja rückläufig aber unerlässlich seien, um Arbeitsplätze in der Schweiz zu erhalten und um die besten Medikamente ever zu entwickeln. Sie werden auch nie müde zu betonen, dass sie „freiwillig“ Milliarden von Franken in die Forschung investieren um bessere Medikamente zu entwickeln was dem Wohle der Patienten zu Gute kommt. Frage: Wo ist denn nach jahrzehntelangen, ja jahrhundertelangen gesponserten Forschungen und Millionen von Tierversuchen die Erkenntnis von der Pharmaindustrie, woher Nasenprobleme rühren und wie man sie vollständig heilt? Wo ist der tolle Nasenspray der nicht süchtig macht? Und wo bleibt die Anleitung der Pharmaindustrie, wie man einen Entzug machen kann? Wo? Sollen wir uns trösten mit dem Spruch „Was keine Nebenwirkungen hat, ist eben kein gutes Medikament“?

Die medizinischen Universitäten haben ihr Fett bereits schon in früheren Zeilen abbekommen, darum lasse ich die jetzt aus. Und über den Staat als Steuerungs- und Kontrollorgan der Medizin will ich nicht sprechen, das führt direkt in heisse Glut.

Ich habe aber auch positive Nachrichten. Letzte Nacht verlief recht gut. Ich beschäftigte mich lange mit Lesen, dann war ich sehr müde, die Nase war 50% offen, aber ich dachte mir, das ist nur temporär und schlief ein. Am Morgen beim Aufwachen war sie nur etwa 20% offen, nach dem Aufstehen aber ging sie schnell auf bis 70% – den ganzen Tag über! Manchmal ist sie etwas weniger, dann wieder mehr offen. Ich hatte heute bereits viele Momente erlebt welche sich anfühlten, als hätte ich gesprayt! Ich vergass vielfach, dass ich gerade einen Entzug mache! Als Sprayer hatte ich übrigens die Nase ja auch nicht permanent offen und sprayte meistens erst dann, wenn es eng wurde.

Was mich verblüfft und sehr erleichtert ist die Tatsache, dass die Nase „lebt“, also eigenständig zu und auf macht. Erwartet hätte ich, dass sie zubetoniert sein wird über viele Tage oder gar Wochen und ich durchs dunkelste aller Täler gehen muss.

Ich will allen Mitbetroffenen Mut machen: Versucht es auch, erst recht wenn ihr wie ich zunächst fest überzeugt seid, es sei unmöglich. Probiert es! Scheitert ihr, versucht ihr es einfach noch einmal. Es gibt ja viele Methoden und mindestens eine davon ist die richtige welche Euch endlich befreit!

Ich werde beim nächsten Treffen mit den Arzt, dem Apotheker, einem Pharmarepräsentanten oder einem Gesundheitspolitiker gezielt die Frage stellen, was sie denn eigentlich genau gegen die Nasenspraysucht unternehmen. Ich bin schon äusserst gespannt auf deren Antworten…

Herzlich grüsst Euch

Manuel